Der geplante „Gaspreisdeckel“
Der angekündigte 12-Cent-Gaspreisdeckel bedeutet immer noch eine Verdoppelung des Gaspreises im Vergleich zum letzten Jahr.
Die staatliche Übernahme der Abschlagszahlung für einen Monat bedeutet, dass der Staat ein Zwölftel der Rechnung zahlt.
Beispiel für eine sparsam geheizte kleine Wohnung:
Abschlag 50 € für 2021, verdoppelt auf 100 € für 2022.
Der Staat zahlt nun einmalig 100 €.
Die Mehrkosten für 2022 betragen aber 50 € mal 12, also 600 €.
500 € muss der Kunde also selbst stemmen.
Der „Deckel“ schreibt diese Verdoppelung fest. Dazu kommen die Mehrkosten durch die allgemeine Inflation. Schon 500 € pro Jahr sind für die ärmeren 30 bis 40 % der Bürgerinnen und Bürger nicht zu stemmen, da ihr Haushaltsbudget „auf Kante genäht“ ist. Da die Inflation neben den Energiekosten hauptsächlich Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs betrifft, sind arme Haushalte hier ebenfalls besonders stark betroffen, da sie einen größeren Teil ihres verfügbaren Einkommens für Lebensmittel ausgeben. Eine wirkliche Entlastung ärmerer Haushalte, die von Sozialverbänden schon lange gefordert wird, sind die bisherigen Maßnahmen also längst nicht, diese müsste bei weit über 500 € im Jahr liegen.
Die reichere Hälfte benötigt die staatliche Unterstützung nicht wirklich, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Ausgaben des Staates am Ende wieder von den Steuerzahlern getragen werden müssen.
So wie die Maßnahmen jetzt angelegt sind, werden Reiche stärker gefördert als Arme, da sie mehr verbrauchen. So ist auch dies wieder eine Umverteilung zu Gunsten der Reichen. Eigentlich sollten doch die Ärmsten am stärksten gefördert werden. Und wie groß ist der Aufwand, die ganzen Zahlen zu ermitteln? Und wann beginnt die Auszahlung? Die ärmeren Haushalte benötigen das Geld sofort.
Sozial differenzierte Maßnahmen
Die ExpertInnen-Kommission schlägt zwar flankierend eine gezielte Kompensation der Verbraucher durch sozial differenzierte Direktzahlungen vor. Doch angeblich soll derzeit ein solches Vorgehen nicht möglich sein, da es keine entsprechende staatliche Infrastruktur gäbe. Die gesetzlichen Grundlagen müssten erst geschaffen und operativ umgesetzt werden.
Doch es hat ja bereits gezielte Auszahlungen gegeben:
• Kinderbonus 2022 als zusätzliche Einmalzahlung für Familien von 100 Euro pro Kind.
• Einmalzahlung für Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen in Höhe von 200 Euro.
Und ließe sich die einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen, die es bereits gab, nicht bei weiteren Zahlungen an die Höhe des Gehalts koppeln?
Eine gerechte Lösung mit machbarem Verwaltungsaufwand
Die einfache und viel gerechtere Lösung ist eine Pro-Kopf-Auszahlung von 200 € pro Monat rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 für die ärmeren Menschen, z. B. bis zu einem Jahreseinkommen von 10.000 €. Damit es keine Klippe gibt, könnte die Auszahlung bei einem höheren Einkommen linear sinken, sodass bei 20.000 € noch 100 € ausgezahlt werden und bei 30.000 € nichts mehr. Die Zahlen sind beim Finanzamt oder beim Sozialamt leicht zu ermitteln, diese Ämter könnten auch die Auszahlung übernehmen und sie könnten sehr kurzfristig beginnen. Das ist ein gerechter Weg ohne Streuverluste und ohne allzu großen Aufwand.
Die Ursachen der explodierenden Preise
Wie kommt es überhaupt zu der massiven Preissteigerung? Es handelt sich ja nicht um gestiegene Kosten, weil die Förderung oder der Transport teurer geworden ist, sondern um Knappheitsaufschläge nach dem Motto „Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis“. Das heißt, Anbieter machen zur Zeit riesige Gewinne. Dafür sind politische Entscheidungen verantwortlich.
Abzocke am Gasmarkt
Seit 2007 wird Gas an der Leipziger Energiebörse EEX gehandelt. Dadurch verstärkt der Markt die natürlichen Nachfrageschwankungen extrem. Der jetzige Einkauf um die Speicher zu füllen treibt den Preis zusätzlich in die Höhe. Ausführlich beschrieben werden die Vorgänge hier: https://www.nachdenkseiten.de/?p=86619
Abzocke am Spritmarkt
Auch die hohen Spritpreise haben keine natürliche Ursache: Der Ölpreis ist bei weitem nicht so hoch wie 2008 und selbst da hat Diesel nur 1,54 € gekostet. Die Preise für die Endkunden sind nur durch Spekulation und Kartellbildung der Mineralölkonzerne zu erklären. Da ist es kein Wunder, dass die Konzerne ihre Gewinne in diesem Jahr verdoppeln können. (https://www.heise.de/tp/features/Nur-Spekulation-und-Gier-erklaeren-die-hohen-Spritpreise-6585002.html)
Abzocke am Strommarkt
Auch bei der Stromerzeugung gibt es systembedingt ungerechtfertigte Gewinne. „Nach Schätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) könnten allein im laufenden Jahr 200 Milliarden Euro Jahr als ‚Windfall-Profits‘ auf die Stromerzeuger in der EU herabregnen“. In dem Artikel „Strompreise: Vom Himmel fallende Milliardengewinne“ wird der Mechanismus genau erklärt: https://www.heise.de/tp/features/Strompreise-Vom-Himmel-fallende-Milliardengewinne-6655393.html?seite=all
Die EU will einen Teil der Gewinne abschöpfen (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/eu-strom-preisbremse-plan-101.html), nicht aber das System ändern.
Man versucht, bei einer überlaufenden Badewanne das Wasser mit einem Eimer aufzufangen, anstatt den Hahn zuzudrehen.
Der Energiemarkt wird also in allen Segmenten genutzt, um sachlich unbegründete Milliardengewinne zu generieren, nachdem die Politik dies mit entsprechenden Gesetzen ermöglicht hat. All dies gilt seit vielen Jahren, es ist nur bisher nicht besonders aufgefallen. Erst durch die aktuellen Ereignisse wurden die Gewinne extrem gesteigert. Und jetzt wird lieber eine Expertenkommission eingesetzt, die die Folgen abmildern soll - wobei diese Maßnahme aber auch noch genutzt wird, um den Reichen mehr zu geben als den Armen -, anstatt die Ursachen abzustellen.