»Der Preis der Lüge oder: die Schatten der Geschichte«

Drei Tage nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center fand Gabriele Gillen in einem preisgekrönten Essay mahnende Worte. In diesen Tagen des Kriegshorrors, auf der Suche nach Ursachen und Tätern, kommen mir ihre Worte wieder in den Sinn.

Während die Welt starr vor Entsetzen gebannt auf die Ruinen starrt, traute sie sich öffentlich zu sagen: »Trotz der pausenlosen Wiederholung dieser Floskel in den vergangenen Tagen - es stimmt nicht, dass sich die Welt durch den Zusammenbruch des World Trade Centers verändert hat. Verändert hat sich die Silhouette von New York. Ansonsten ist die Welt die gleiche geblieben. Überall Probleme, für die niemand eine Lösung hat oder auch nur zu haben vorgibt. Die selben Kriege, der selbe Hunger, die selbe Hoffnungslosigkeit... Die dramatischen Anschläge in den USA verändern nichts, sie zeigen nur, dass immer ausgefeiltere Waffensysteme im Besitz der Nato oder anderer Staaten immer ausgefeiltere Terroraktionen bedingen.«

Drei Tage nach 9/11 betonen Sie, Frau Gillen: »Nein, die Welt hat sich nicht verändert. Sie ist leider genau so wie zuvor.« Im März 2022 habe ich ein Déjà-vu. Man will mir glauben machen, es hätte eine Zeitenwende stattgefunden. Doch heute wie damals gilt uneingeschränkt: »Überall auf der Welt leben Menschen in einer Situation der permanenten Demütigung und des ökonomischen Desasters. Und überall mischen die USA mit - selbstlegitimiert durch die vermeintliche Verteidigung der Freiheit, aber in Wahrheit immer auf der Seite des Geldes und besessen von der Durchsetzung des eigenen Werte- und Wirtschaftssystems. Die Verbrechen der Macht stehen in nichts den Verbrechen der Ohnmacht nach.«. Die Triebkräfte von Krieg und Bürgerkrieg haben sich nicht verändert.

Der russische Eroberungsfeldzug gegen die Ukrainer hat ein langes Vorspiel, das derzeit niemand zufriedenstellend darstellen kann. Fakt ist, dass wirtschaftliche Interessen die Zuspitzung der Situation immer in Kauf genommen haben. Dieser, wie auch andere militärische Konflikte, werden von einer mächtigen Lobby vorangetrieben. Diese Lobby bereichert sich an der Aufrüstung, an den Kriegshandlungen, am anschließenden Wiederaufbau und der damit verbundenen Ausplünderung von Boden und Ressourcen.

Krieg ist immer ein Verbrechen
Putin und seine Mittäter sind uneingeschränkt schuldig an den Verbrechen, die sie derzeit in der Ukraine begehen. Daran kann es keinen Zweifel geben. Auch die Unterstützung der ukrainischen Armee in ihrem Kampf gegen die Aggression kann man nicht ernsthaft moralisch verurteilen.

Dennoch erschüttert die Heuchelei und Scheinheiligkeit mit der ideologische und ökonomische Kriegsgewinnler allerorten die Meinungshoheit erobert haben. Geradezu prophetisch klingen die vor 21 Jahren niedergeschriebenen Worte: »Wir müssen uns der Propaganda und der freiwilligen Gedankengleichschaltung entziehen. Und schon jetzt unsere Stimmen gegen einen drohenden Krieg erheben. Und dagegen, dass die USA gemeinsam mit ihren Verbündeten hinter der Pose der Betroffenheit und auf der Suche nach Schuldigen gegen jeden vorgehen, der berechtigt gegen die politische Dominanz der USA kämpft.«

Die bedrohlichen Entwicklungen, die Frau Gillen in ihrem auf WDR 5 gesendeten Essay aufzählt, haben sich seither nicht nennenswert verringert. Zur weltweiten Armut und ökonomischen Ungleichheit hat sich die Zerstörung der Lebensgrundlagen für alle Menschen als gleichberechtigte Bedrohung etabliert. Reichtum, Rüstung und Ressourcenverschwendung wachsen weiterhin ungehemmt. Der Zusammenhang von Wachstum des Reichtums und der Zerstörung der Lebensgrundlagen wird immer offensichtlicher und dennoch in Medien und Politik immer erfolgreicher ausgeblendet. Mahnrufe wie der von Gabriele Gillen verhallen im Kriegsgetöse.


Lesen Sie hierzu auch: »Endspiel des Kapitalismus«, »Friedenspreis-Trägerin Tsitsi Dangarembga: Profit ist ein Trugschluss« und »Stabile Währung durch Haltegebühr auf Geld«.


Klaus Willemsen, 04.05.2022

 

Verwendete Quellen:

www.natokh.de/merkenswertes/Der_Preis_der_Luege.htm

de.wikipedia.org/wiki/Gabriele_Gillen

www.inwo.de/medienkommentare/endspiel-des-kapitalismus/

www.inwo.de/medienkommentare/friedenspreis-traegerin-tsitsi-dangarembga-profit-ist-ein-trugschluss/

www.geldreform.eu/stabile-waehrung-durch-haltegebuehr-auf-geld